Kündigung eines Zugführers wegen eines Fotos des Eingangstores zum Konzentrationslager Auschwitz mit einer Bildunterschrift auf dessen Facebookseite

Datum: 06.09.2016

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine von der DB Regio AG ausgesproche-ne außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Zugführers.

Der von der Arbeitgeberin angeführte Grund für die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ist ein Foto auf der Facebookseite des Arbeitnehmers, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers in Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ zeigt. Auf dem Bild befindet sich eine Textzeile in polnischer Sprache. Auf eine Anfrage eines Lesers der Seite hin übersetzte der Arbeitnehmer diesen Text mit "Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme". Es folgten darauf weitere Anmerkungen zu Bild und Text von zwei weiteren Facebooknutzern. Weiter befindet sich auf der Facebookseite ein Foto des Zugführers in Uniform vor einem Zug der DB Regio AG. Sein Steckbrief enthält überdies die Angabe, dass er bei der DB Regio AG/S-Bahn Rhein-Neckar und DB Bahn beschäftigt sei.

Die Arbeitgeberin hält das Verhalten des Fahrzeugführers vor dem Hintergrund, dass auch Flüchtlinge in ihren Zügen fahren, für untragbar.

Der Arbeitnehmer hat sich zunächst für die „unüberlegte dumme Tat“ vor Zugang der Kündigung entschuldigt. Als gebürtiger Pole habe er einen anderen Bezug zum Thema Auschwitz. Das Foto stamme aus einer polnischen Satirezeitschrift. Den Text habe er amüsant gefunden. Im weiteren Verlauf hat er erklärt, er habe Kritik am Um-gang der polnischen Regierung mit der Flüchtlingsproblematik üben wollen. Das Arbeitsgericht hat am 19. Februar 2016 entschieden, dass sowohl die außeror-dentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Zugführers unwirksam sei. Zwar liege in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine Pflichtverletzung.  Die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes „Arbeit macht frei“ sei in Deutschland tabuüberschreitend und mute in Verbindung mit Flüchtlingen menschenverachtend an. Dass es sich dabei um Satire gehandelt habe, sei objektiv nicht erkennbar. Dennoch falle eine abschließend vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien zu seinen Gunsten aus. Dies gelte insbesondere angesichts des ungestörten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses über 14 Jahre hinweg und mit Blick auf den Umstand, dass sich der Arbeitnehmer noch vor Ausspruch der Kündigung entschuldigt und das Foto auf seiner Facebookseite gelöscht habe, zu seinen Gunsten aus.

Die Arbeitgeberin hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt (19 Sa 3/16). Der Berufungstermin findet am 9. September 2016 um 10:00 Uhr beim Landesarbeitsgericht in Mannheim (E 7, 21) statt.



Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an den Mediensprecher des Landesarbeitsgerichtes, Ulrich Hensinger (Durchwahl: 0711-6685-404, E-Mail: pressestelle@lag.bwl.de)



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