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Kurzer Abriss über die Geschichte der Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg seit 1945
von Dr. Eberhard Natter
Die Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg feierte am 15.02.2016 ihr 60-jähriges Bestehen. Am 15.02.1956 wurde das (erste) Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen in Baden-Württemberg verkündet. Dies war der Ursprung einer einheitlichen Arbeitsgerichtsbarkeit im Land Baden-Württemberg.
1. Entwicklung nach 1945
Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erfolgte der Wiederaufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit angesichts der politischen Verhältnisse im deutschen Südwesten wenig koordiniert. Baden und Württemberg waren jeweils geteilt. Die nördlichen Teile gehörten als Württemberg-Baden zur amerikanischen Besatzungszone, die südlichen Teile Baden und Württemberg-Hohenzollern zur französischen Besatzungszone. Grundlage für den Wiederaufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit war das Kontrollratsgesetz Nr. 21 vom 30.03.1946. Hiernach wurde die örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte von den Zonenbefehlshabern festgelegt; die Errichtung der Arbeitsgerichte und der Landesarbeitsgerichte oblag der obersten Landesbehörde für Arbeitsverwaltung.
Im Landesteil Württemberg-Baden fand bereits am 04.11.1946 die Vereidigung des Präsidenten des künftigen
Landesarbeitsgerichts Stuttgart statt. Erster Präsident wurde
Dr. Joachim Brennert. Am 18.11.1946 nahmen das Landesarbeitsgericht Stuttgart und die Arbeitsgerichte Stuttgart und Heilbronn ihre
Tätigkeit auf. Kennzeichnend für diese ersten Arbeitsgerichte war, dass die Vorsitzenden ihre Tätigkeit angesichts der
geringen Zahl der Eingänge nur nebenamtlich wahrnahmen. Im Hauptamt waren sie in anderen Justizfunktionen tätig.
In Nordbaden und Südwürttemberg erfolgte die Bildung der Arbeitsgerichte nur wenig später. In Nordbaden wurde Robert Weber am 07.01.1947 zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Mannheim ernannt. Neben dem Landesarbeitsgericht nahmen auch die Arbeitsgerichte Heidelberg, Karlsruhe, Pforzheim und Mosbach im Januar 1947 ihre Tätigkeit auf. In Württemberg-Hohenzollern wurden die Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Arbeitsgerichte ebenfalls im Januar 1947 ernannt. Ab Februar 1947 nahmen 13 Arbeitsgerichte und sogar zwei Landesarbeitsgerichte nach und nach ihre Tätigkeit auf. Zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Ravensburg wurde Dr. Alfons Häring am 17.01.1947 ernannt.
Beim Landesarbeitsgericht Tübingen zog sich die Ernennung des Präsidenten hin. Als Vorsitzender wurde im Jahr 1948 zunächst Gustav Pfizer, ein Jahr später Norbert Plassmann ernannt. In Tübingen wurde darüber hinaus ein Oberlandesarbeitsgericht Tübingen durch Gesetz vom 06.08.1948 als Revisionsinstanz eingerichtet. Dieses Gericht wurde aber bereits mit Erlass vom 05.06.1953 wieder aufgelöst. In Südbaden zog sich der Wiederaufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit noch deutlich länger hin. Erst im Juni 1949 nahmen das Landesarbeitsgericht Freiburg und die Arbeitsgerichte Freiburg, Offenburg, Lörrach, Villingen und Radolfzell ihre Tätigkeit auf. Zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts wurde Dr. Otto Rappenecker ernannt.
2. Bildung der Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg
Bereits Anfang der 50er Jahre kam die Diskussion auf, die fünf Landesarbeitsgerichte im Südwesten zusammenzuführen. Nach Inkrafttreten des Arbeitsgerichtsgesetzes 1953 nahm diese Diskussion an Fahrt auf. Während der parlamentarischen Beratungen war vor allem die Standortfrage umstritten. Das (erste) Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen vom 15.02.1956 legte fest, dass das Landesarbeitsgericht seinen Sitz in Tübingen habe. Außenkammern des Landesarbeitsgerichts wurden in Freiburg, Stuttgart und Mannheim errichtet. Je ein Arbeitsgericht wurde in Aalen, Crailsheim, Esslingen, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Lörrach, Ludwigsburg, Mannheim, Offenburg, Pforzheim, Radolfzell, Rastatt, Ravensburg, Reutlingen, Stuttgart, Sigmaringen, Ulm und Villingen errichtet. Es handelte sich überwiegend um Kleingerichte mit einem oder zwei Vorsitzenden. Zum ersten Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg wurde Dr. Otto Rappenecker ernannt. Dieser übte das Präsidentenamt bis zum Jahr 1968 aus.
Kennzeichnend für die Anfangsjahre der Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg war, dass in nicht unerheblichem Umfang Personen zu Berufsrichtern bestellt wurden, die keine volljuristische Ausbildung vorweisen konnten. Diese Besonderheit ging auf das Kontrollratsgesetz Nr. 21 vom 30.03.1946 zurück. Dieses setzte lediglich für die Berufungsrichter eine volljuristische Befähigung voraus. Die erstinstanzlichen Vorsitzenden mussten lediglich fähig sein, richterliche Aufgaben wahrzunehmen. Durch diese Regelung sollte ersichtlich dem Mangel an - politisch unbelasteten - Richtern in der Nachkriegszeit Rechnung getragen werden. Erst im Jahr 1961 wurde durch eine Änderung des Deutschen Richtergesetzes festgelegt, dass ausschließlich Volljuristen zu Berufsrichtern ernannt werden können.
Aufgrund der Sonderregelung des Kontrollratsgesetzes Nr. 21 waren nach dem 2. Weltkrieg zahlreiche Berufsrichter ohne volljuristische Ausbildung in der Arbeitsgerichtsbarkeit tätig. Vielfach stammten diese Berufsrichter aus der Gewerkschaftsbewegung. In zahlreichen Fällen waren sie während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft inhaftiert oder anderweitig verfolgt worden. Vielfach hatten diese Berufsrichter „nur“ eine handwerkliche oder kaufmännische Ausbildung. Teilweise hatten sie aber auch das erste juristische Staatsexamen abgelegt. Der letzte dieser Berufsrichter ohne volljuristische Ausbildung trat im Oktober 1983 in den Ruhestand ein.
3. Gebietsreform im Jahr 1972
Im Jahr 1968 trat Karl Baumgartner die Nachfolge von Dr. Rappenecker als Präsident des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg an. Bereits wenig später kam im Rahmen der Ende der 60iger beginnenden Gebietsreform in Baden-Württemberg die Überlegung auf, auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit eine Reform der Gerichtsbezirke durchzuführen. Zum damaligen Zeitpunkt bestanden 20 Arbeitsgerichte, und zwar ein Arbeitsgericht mit 6 Kammern (Stuttgart), 2 Arbeitsgerichte mit 3 Kammern (Karlsruhe, Mannheim), 8 Arbeitsgerichte mit 2 Kammern (Freiburg, Heidelberg, Lörrach, Reutlingen, Ulm, Pforzheim, Radolfzell, Rastatt) und 9 Arbeitsgerichte mit nur einer Kammer (Aalen, Crailsheim, Esslingen, Heilbronn, Ludwigsburg, Offenburg, Ravensburg, Sigmaringen, Villingen).
Diese Vielzahl von Kleinstgerichten bereitete erhebliche Schwierigkeiten, einen möglichst ausgewogenen Geschäftsanfall für die Richter sicherzustellen. Schwankungen in der Geschäftsbelastung waren kaum auszugleichen. Auf der anderen Seite war unverkennbar, dass der Ausbau des Straßennetzes und die zunehmende Motorisierung es leichter machten, Entfernungen zu überwinden und einen weiteren Weg zum Gericht in Kauf zu nehmen.
Aus diesem Grund legte die Landesregierung im November 1971 einen Gesetzentwurf vor, wonach sich die Neugliederung der Arbeitsgerichtsbezirke an den - neuen - Kreisgrenzen ausrichten sollte. Um den Parteien jedoch den Zugang zu den Arbeitsgerichten zu erleichtern, sollte jeweils am Sitz der aufzuhebenden Arbeitsgerichte zum Teil auswärtige Kammern gebildet und zum Teil Gerichtstage abgehalten werden. Hierin bestand der ein Kompromiss zwischen dem Interesse an einer möglichst effizienten Gerichtsverwaltung und den berechtigten Belangen der Rechtsuchenden. Was den Sitz des Landesarbeitsgerichts anging, so sollte dieser künftig, unter Wegfall des Standorts Tübingen, in Stuttgart sein.
Am 11.04.1972 wurde das (zweite) Gesetz über die Gerichte für Arbeitssachen in Baden-Württemberg verkündet. Dieses Gesetz ist bis heute die Grundlage der Gerichtsstruktur. Die damalige Entscheidung hat sich bis heute ganz überwiegend als sachgerecht erwiesen. Die Verringerung der Anzahl der Arbeitsgerichte auf neun Stammgerichte bei gleichzeitiger Einrichtung von acht auswärtigen Kammern und einer Reihe von Gerichtstagen hat dazu geführt, dass auf der einen Seite effiziente Verwaltungsstrukturen gebildet werden können und auf der anderen Seite die Arbeitsgerichtsbarkeit nach wie vor in der Fläche vertreten ist. Im Detail gibt es allerdings Reformbedarf. So ist beispielsweise die Zusammenfassung der beiden örtlich weit auseinanderliegenden Standorte Lörrach und Radolfzell wenig praktisch.
4. Die Wirtschaftskrisen ab den 70er Jahren
Bis Mitte der 70er Jahre befand sich die Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg in einem relativ „ruhigen Fahrwasser“. Das Wirtschaftswunder und die daraus folgende Vollbeschäftigung ließen die Eingänge nicht überborden. Noch im Jahr 1971 gingen erstinstanzlich nur etwas mehr als 20.000 Verfahren ein. Die Situation änderte sich dramatisch mit der ersten Ölkrise; die Eingänge stiegen rapide an. So waren im Jahr 1975 bei den erstinstanzlichen Arbeitsgerichten 35.480 Eingänge zu verzeichnen.
Nach einer kurzen Erholung Ende der 70iger Jahre stiegen die Eingänge mit der zweiten Ölkrise erneut erheblich an. Im Jahr 1982 wurden 47.723 Eingänge erreicht. Die sich anschließende wirtschaftliche Erholung führte dazu, dass die Eingänge bis zum Jahr 1990 wieder unter 40.000 Verfahren abfielen. Doch bereits die nächste Wirtschaftskrise führte zu einem dramatischen Anstieg der Verfahren. Im Jahr 1993 wurden 62.570 und im Jahr 1996 63.628 Verfahren in der ersten Instanz erreicht. Auch beim Landesarbeitsgericht stiegen die Eingänge erheblich an, auch wenn die Wellenbewegungen hier nicht so heftig ausfielen wie bei den erstinstanzlichen Arbeitsgerichten.
Der letzte erhebliche Anstieg war schließlich nach dem Platzen der sogenannten dot.com-Blase in den Jahren 2002 bis 2004 zu verzeichnen. Im Jahr 2003 erreichten die Eingänge in erster Instanz mit 68.547 Verfahren ihren vorläufigen Höhepunkt. Die langsame Erholung der Wirtschaft bewirkte einen Rückgang der Verfahren im Jahr 2008 auf 48.653 Eingänge in erster Instanz.
Der rapide Anstieg der Verfahren führte dazu, dass der Zustand der Überlastung bei den Arbeitsgerichten zu einem Dauerzustand wurde. Bei den Karl Baumgartner nachfolgenden Präsidenten Dr. Werner Oehmann (1979-1986), Wolfgang Meyer (1986-1996), Man-fred Baur (1996-2001) und Prof. Dr. Johannes Peter Francken (2001-2010) stand der Kampf um neue Stellen daher im Vordergrund ihres Handelns. Zwischen 1973 und 1990 stieg die Zahl der Richterstellen in der ersten Instanz von 38 auf 69 Stellen und in der zweiten Instanz von 7 auf 14 Stellen an. Zwischen 1992 und 1994 kamen nochmals 18 Stellen hinzu. Nur durch diesen Stellenzuwachs konnte der Geschäftsanfall einigermaßen bewältigt werden. Dennoch arbeiteten die Richter/innen und das nichtrichterliche Personal bis an die Grenzen der Erschöpfung, manche auch darüber hinaus.
Einen wichtigen Einschnitt stellte zu Beginn der 90iger Jahre die Unterstützung des Bundeslandes Sachsen nach der Wiedervereinigung dar („Aufbauhilfe Ost“). Bereits kurz nach der Wiedervereinigung traten eine Reihe von Richtern ihren Dienst in den ehemaligen Bezirks- und Kreisgerichten des Landes Sachsen an. Es war vielfach ein Aufbau von „Null“ an. Es gab weder ehrenamtliche Richter noch eine ausreichende Büroausstattung. Auf die abgeordneten Richter wartete zudem eine Flut von Kündigungsschutzklagen, die im Zuge der Abwicklung der volkseigenen Betriebe aufliefen. Die Arbeitsbelastung war enorm. Eine Reihe der Aufbauhelfer kehrte nach der Abordnung wieder in die Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg zurück. Eine ganze Reihe von Arbeitsrichtern wechselte aber in Führungspositionen oder als Berufungsrichter in den Justizdienst des Landes Sachsen.
5. Die Umressortierung an das Justizministerium
Traditionell ressortierte die Arbeitsgerichtsbarkeit bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder. Durch das Arbeitsgerichtsänderungsgesetz vom 26.06.1990 wurde die Möglichkeit geschaffen, als oberste Landesbehörde auch das Justizministerium vorzusehen und auf diese Weise sogenannte Rechtspflegeministerien zu schaffen. Von dieser Möglichkeit machten die Bundesländer nach und nach Gebrauch. Heute ressortiert die Arbeitsgerichtsbarkeit nur noch in Bayern und Berlin bei der obersten Arbeitsbehörde.
Am 01.04.2004 war es auch in der baden-württembergischen Arbeitsgerichtsbarkeit so weit. Die Arbeitsgerichtsbarkeit wurde der Ressortzuständigkeit des Justizministeriums zugeordnet. Die „Morgengabe“ des Justizministeriums war, dass angesichts des historischen Verfahrenshöchststandes von 68.547 Verfahren in erster Instanz im Jahr 2003 15 neue Richterplanstellen und 15 Stellen im nichtrichterlichen Dienst, jeweils mit kw-Vermerk, bewilligt wurden. Die Umressortierung wurde am 01.04.2004 im Rahmen eines Festaktes im Weißen Saal des Neuen Schlosses feierlich begangen.
6. Entwicklung nach der Umressortierung
Von der Integration in ein Rechtspflegeministerium hat die Arbeitsgerichtsbarkeit in vielfältiger Hinsicht profitiert. Die Unterbringung der Gerichte konnte erheblich verbessert werden. Das Landesarbeitsgericht bezog im Jahr 2008 zusammen mit dem Finanzgericht Baden-Württemberg ein neues Dienstgebäude in der Stuttgarter Innenstadt. Es wurde erheblich in die Ausstattung der Gerichte investiert. Eine zeitgemäße DV-Ausstattung ist selbstverständlich; juris und Beck-Online sind auf jedem Entscheiderarbeitsplatz verfügbar.
Was die Verfahrenseingänge angeht, so befand sich die Arbeitsgerichtsbarkeit seit dem Jahr 2010 in einer eher ungewohnten Situation. Im Zuge der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 schnellten die Eingänge nochmals auf 57.890 Verfahren bei den Arbeitsgerichten erster Instanz hoch. Aufgrund der Konjunkturprogramme der Bundesregierung, der Verlängerung des Kurzarbeitergelds und zahlreicher sozialpartnerschaftlichen Vereinbarungen flaute die Krise anders als bei den vorangegangenen Wirtschaftskrisen schnell wieder ab. Seit dem Jahr 2010 sanken die Eingänge kontinuierlich (2018: 36.732 Verfahren). Erst im Zuge der Eintrübung der Konjunktur und der Transformation zur eMobilität stiegen die Eingänge im Jahr 2019 auf 39.137 Verfahren an.
7. eJustice-Projekt
Seit dem Jahr 2016 hat in der Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg der digitale Wandel Einzug gehalten. Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) mit den Gerichten vom 10.10.2013 gab der Gesetzgeber einen konkreten Zeitplan für die stufenweise Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs vor. Hiernach mussten die Gerichte und die Anwaltschaft ab dem 1. Januar 2018 für die Zustellung elektronischer Dokumente empfangsbereit sein; ab dem 1. Januar 2022 können die sog. professionellen Prozessbeteiligten, insbesondere die Rechtsanwälte/innen Schriftsätze nur noch auf elektronischen Wege einreichen.
Da die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ohne eine zeitgleiche Einführung der elektronischen Aktenführung zu erheblichen Medienbrüchen führt, entschloss sich die baden-württembergische Justiz zu einer raschen Einführung eines elektronischen Gerichtsaktensystems. Digitaler Workflow und schnelle Verfahrensabläufe – das ist das Ziel des eJustice-Projekts, das die Arbeit in der Justiz und die Kommunikation mit den Rechtsanwälten und Bürgern grundlegend verändern soll. Bereits im Mai 2016 begann das Arbeitsgericht Stuttgart mit der Pilotierung der elektronischen Gerichtsakte; im August 2017 folgte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg. Ab Oktober 2018 startete die Arbeitsgerichtsbarkeit mit der flächendeckenden Einführung der elektronischen Akte. Bereits Anfang April 2019 konnte der Rollout abgeschlossen werden. Die Arbeitsgerichtsbarkeit Baden-Württemberg ist damit die erste Flächengerichtsbarkeit im Bundesgebiet, die weitgehend digital arbeitet.
Im Vergleich zur Papierakte bietet die elektronische Akte zahlreiche Vorteile: Gerichtsinterne Aktenlaufzeiten fallen vollständig weg, weil alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit auf die elektronischen Akten Zugriff haben. Durch den elektronischen Rechtsverkehr werden die Postlaufzeiten von Schriftsätzen eingespart, weil die Dokumente „auf Knopfdruck“ über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an die Rechtsanwälte versandt werden können. Das Gericht spart sich das Ausdrucken und den Postversand von Schriftstücken. Die Vorteile der elektronischen Akte werden auch in den mündlichen Verhandlungen deutlich: Alle Sitzungssäle sind mit großen Bildschirmen ausgestattet, auf denen die Richterinnen und Richter Dokumente visualisieren können.
Der digitale Wandel ist mit großen Anstrengungen und Belastungen verbunden. Noch weist das elektronische Gerichtsaktensystem nicht den Bearbeitungskomfort auf, den die Beschäftigten erwarten dürfen. Der Veränderungsprozess ist aber erforderlich, damit sich die Arbeitsgerichtsbarkeit auch künftig als zeitgemäße Justiz präsentieren kann.